Hochzeit

Hochzeit
           Verlobung und Hochzeit


                                                                                           aus dem „Almer Heimatbuch“

                                                                              Seite1

So wie bei der Taufe und Konfirmation stellten auch die Verlobung und Hochzeit den Übergang zu einem neuen Lebensabschnitt dar, den der Erwachsenen. Bei der Partnerwahl spielten in früheren Jahren die Vermögensverhältnisse die wichtigste Rolle. Eine günstige Heirat sollte oft den Besitz garantieren. Bei der Partnerwahl hatten die Eltern, besonders aber der Vater das Sagen. Er mußte seine Einwilligung zur Hochzeit geben.

Nicht umsonst sagte man, daß "nicht der Bursche das Mädchen, sondern der Acker den Acker geheiratet hat". Man argumentierte dazu "vom Schönen allein kann man nicht leben", oder "die Liebe kommt nach der Heirat". Daß von den Eltern erzwungene Ehen oft nicht Bestand hatten, zeigen etliche Scheidungen aus dem Familienbuch. Früher suchte und fand man den Lebenspartner vorwiegend im eigenen Dorf, da die Jugend längst nicht so mobil war wie zu späteren Zeiten. Ehen mit Nichtsachsen stand man ablehnend gegenüber. Wie stark man am eigenen Volkstum hing, brachte auch das in Almen oft gesungene Lied zum Ausdruck:

Mer wallen bleiwen wot mer senj,
Gott healf äs enzt uch engden.
Mer wässen wot mer schäldich senj
Den Diuden uch den Kengden.

As Harz äs detsch, äs Gott äs detsch,
An äs uch äsen Kengden.
Mer wallen bleiwen wot mer senj,
Gott healf äs enzt uch engden.

Hochzeit in Almen 1976

                   Zu Deutsch:

Wir wollen bleiben was wir sind,
Gott hilf uns jetzt und immer.
Wir wissen was wir schuldig sind,
Den Toten und den Kindern.

Unser Herz ist deutsch, unser Gott ist deutsch,
In uns und unseren Kindern.
Wir wollen bleiben was wir sind,
Gott hilf uns jetzt und immer.

                                                                                                           

    Der Hochzeitstermin wurde früher vom bäuerlichen Arbeitsrhythmus bestimmt und wurde
meistens in die Winterszeit gelegt. Wer außerhalb dieses Zeitabschnitts heiratete, wurde
verdächtigt, daß eine vorzeitige Schwangerschaft den eiligen Termin erzwungen habe.
   Die Burschen heirateten meistens nach der Militärzeit, vom 23. Lebensjahr weiter und die
Mädchen kamen zwischen dem 16. und dem 20. Lebensjahr unter die Haube. Es kam selten
vor, daß ein Mädchen oder ein Bursche unverheiratet blieb. So fand jeder "Sack seinen
Bändel und jedes Töpfchen sein Deckelchen".
  
Die Möglichkeiten, sich näher kennenzulernen, waren mannigfaltig: bei der Fortbildungsschule,
bei Bällen, bei Theaterveranstaltungen, welche die Jugend vorbereiteten, abends auf der Gasse,
aber auch in der Rockenstube an langen Winterabenden.

  Da paßten die Mütter heiratsfähiger Töchter anläßlich eines Balls schon scharf auf, wenn eine
Damenwahl stattfand, um zu sehen wen das Töchterlein zum Tanz aufforderte. Als Zeichen der
Zuneigung galt der vom Burschen in der Nacht zum Palmsonntag an der Hausfront des "Lefkens"
(Liebchens) angebrachte Kranz, der mit vielen Papierblumen geschmückt war. Früher erhielt das
Mädchen vom Verehrer zu Pfingsten auch einen Maibaum.

  Zeremonieller Auftakt der Hochzeit war der Gang ins Haus der Auserwählten wo man um deren
Hand anhielt, "hieschen oder verlongen gohn" (verlongen= verlangen, um die Hand anhalten).Der
Bursche trat in das Haus der Geliebten mit den Worten: "Wa ir et schiun wäßt, esi hun mir zwe
es garn und mer wedden es garn froingdern. Esi wäll ech bidden am ir Diuchter"
(wie ihr
schon wißt, lieben wir zwei uns und möchten gerne heiraten. So will ich um eure Tochter bitten).

  Waren die Eltern des Mädchens mit dem Wunsch des Burschen einverstanden, antwortete der
Vater: "Wun et ir Wallen äs, wallen mir ech net am Wiech stöhn. Gott der Herr sol ich hälfen"
(wenn es euer Wille ist, wollen wir euch nicht im Wege stehen. Gott der Herr soll euch helfen).
Schon am nächsten Tag gingen die Eltern des Bräutigams ins Brauthaus um die Verlobung und
die Hochzeit zu besprechen. Diese wurde gewöhnlich von den Eltern des jungen Paares ausgerichtet,
die manchmal schon im voraus gemeinsam das Schwein mästeten und den Hochzeitswein machten.
Auch wurden mehr Hühner wie üblich gehalten, galt es doch am Tage der Hochzeit viele Leute zu
bewirten. Da die Verwandtschaften zum Teil weit verzweigt waren, konnten schon leicht 150-200
Leute zusammenkommen, eben so viel wie im Gemeindesaal Platz fanden.

  Am darauffolgenden Donnerstag fuhr das Brautpaar nach Mediasch. Der Bräutigam besorgte das
Brauttuch, die Schuhe, das Myrtenkränzchen sowie die Eheringe. Die Braut wiederum kaufte dem
Bräutigam das weiße Bräutigamshemd sowie den Hut- und Brustschmuck. An einem der darauf-
folgenden Samstage fand die Verlobung statt. Vorher aber ging das Verlobungspaar mit je einem
Trauzeugen in die Gemeindekanzlei um die Verlobung anzumelden. Diese wurde auch gleich auf dem
schwarzen Brett bekanntgegeben.

   Beim Pfarrer erfolgte die Anmeldung der Verlobung durch den Vater des Bräutigams. Am Sonn-
abend der Verlobung begab sich das Brautpaar beim Nachtglockenläuten in Kirchentracht auf den
Pfarrhof zur "Beitstanjd" (Gebetstunde, Betstunde). Nachdem der Pfarrer die Verlobung ins
Kirchenbuch eingetragen hatte, richtete er noch einige Belehrungen und Ermahnungen an das junge
Paar und betet für sie. Das Verlobungsfest fand im Hause der Braut, "Breuktheus" statt.
Während das Brautpaar in der Betstunde war, versammelten sich ihre Jugendfreunde und andere
Dorfbewohner vor dem Haus der Braut. Wenn die Brautleute eintrafen, gingen die Leute alle in den
Hof und stellten sich im Halbkreis vor der Türe oder einem Fenster auf.
Dann erklang das Lied "Es blühen Rosen, es blühen Nelken".Melodie und Text
   Die gesamte Jugend und auch alle anderen Bewohner des Dorfes hatten sich im Hofe des
Brauthauses eingefunden um dem Brautpaar die Ehre zu erweisen. Höhepunkt der
Gesangsdarbietung war das Brautlied:

Et schalt en Klong durch äs Gemoin, et äs en froadich Leukt,
Mer wessen't allen, griuß uch kloin, em scheßt, et wid en Breukt.
Woi wid et senj, woi wid et senj, mer wessen't allen gead,
Wo hegt en Breukt ze hoischen äs, dot bäst gewäß nor tea.

De Rief da wäll en Holdung hun, well'd ondersch glatt net goid,
Em boind sä un den Stiewel un, dat sä uch Weimern droit.
Tea bäst de Rief, tea bäst de Rief, der Stiewel äs uch ha,
Schloing dech am an, amschloing an fest, end ward senj Breukt, senj Fra.

Wot uch en undert garen wed, ir huet et nea erlongt,
Em woiß et secher dot et ech net am de Zeakunft bongt.
Nor de Geseangd, nor de Gesangd mech Gott der Herr ech gien,
Merwot det Schäcksol mät sich broingt, ir kennt et of ech nien.

Der Streuß an aser Hund die stiet fiur Law uch iwich Troa,
Der Herr sejen iren Harzensbund, dot hie uch eng gedoah.
Dro net vergeßt, dro net vergeßt, wa gläcklich ir uch sed,
Dinkt oft un äs, dinkt garn zeräck, un äs hoisch Jugendzegt.

  Während dieser Strophe des Liedes übergaben zwei der besten Freundinnen der Braut dieser
einen von der Jugend angefertigten mit Papierblumen geschmückten Kranz, an den ein Brief mit
vielen guten Wünschen angeheftet war.
Nun war es an der Braut, auf den Gesang der Jugend zu antworten:

Ech dunken ich, wel ir sed kun, zea desem Ugenbläck,
Uch hinfiurt niet meng Frengdscheft un, end net bened meng Gläck.
Sed friu, sed friu, da ir noch ladich sed,
Der Hergott die em Hemmel äs, doi woiß se schiun, ir Zegt.

Lieft wiul, ir schotzich Stuwen meng, an dein ech hun geheust,
Ech sol nea uch en Wirtan senj, nea bold of ijan Feust.
Sed hiesch bedunkt, sed hiesch bedunkt, da ir an Froad uch Schmärz,
Fiur mech gesorcht law Vuoterhond, uch tea, law Motterharz.

  Die Jugend singt weiter:

Det Scheßen nit nea nichen Oingd, nea kit äs Polver drun,
Mir nien de Bißen an de Hoingd, da mir vum Däppner hun.
Scheßt dot et krocht, scheßt dot et krocht,ir Wirtschoft sol gedoahn,
Esefelt Gealden seid ir hun, wa wot ha Scherwen loan.

                       Das Brautlied:

Es schallt ein Klang durch unsere Gemeinde, es ist ein freudiger Laut,
Wir wissen's alle, groß und klein, man schießt, es wird eine Braut.
Wer wird es sein, wer wird es sein, wir wissen's alle gut,
Wo heute eine Braut zu verlangen ist, das bist gewiß nur Du.

Die Rebe, die muß einen Halt haben, denn anders geht es nicht,
Man bindet sie an den Stecken an, damit sie Trauben trägt.
Du bist die Rebe, du bist die Rebe, der Stecken ist auch da,
Schling dich um ihn, umschling ihn fest,und werde seine Braut, seine Frau.

Was auch eine andere gerne möchte, ihr habt es jetzt erreicht,
Man weiß es sicher daß es euch nicht um die Zukunft bangt.
Nur die Gesundheit, nur die Gesundheit, möge Gott der Herr euch schenken,
Was immer das Schicksal mit sich bringt, ihr könnt es auf euch nehmen.

Dieser Strauß in unserer Hand, der steht für Liebe und ewige Treue,
Der Herr segne euren Herzensbund, daß er auch immer gedeihe.
Drum nicht vergeßt, drum nicht vergeßt, wie glücklich ihr auch seid,
Denkt oft an uns, denkt gern zurück, an unsere schöne Jugendzeit.

  Die Braut singt:

Ich danke euch , daß ihr gekommen seid, in diesem Augenblick,
Auch hinfort nehmt meine Freundschaft an, beneidet nicht mein Glück.
Sei froh, seid froh, die ihr noch ledig seid,
Der Herrgott der im Himmel ist, der weiß auch eure Zeit.

Lebt wohl, ihr geliebten Stuben mein, in denen ich gewohnt,
Ich soll jetzt auch eine Wirtin sein, jetzt bald auf eigene Faust.
Seid schön bedankt, seid schön bedankt, die ihr in Freud und Schmerz,
Für mich gesorgt, liebe Vaterhand, und du liebes Mutterherz.

  Die Jugend singt weiter:

Das Schießen nimmt jetzt kein Ende, jetzt kommt unser Pulver dran,
Wir nehmen die Büchsen in die Hand, die wir vom Töpfer haben.
Schießt daß es kracht, schießt daß es kracht, eure Wirtschaft soll gedeih'n,
So viele Gulden sollt ihr haben, wie heute hier Scherben liegen.

  In diesem Augenblick schoß einer der Jäger des Dorfes ein paarmal in die Luft und vor dem
Brautpaar wurden etliche Töpfe hingeworfen, die in tausend Scherben zersprangen. Nach dem
Brautlied bedankte sich der Bräutigam im Namen seiner Braut bei der Jugend für den schönen
Gesang. Anschließend gab es für die Sänger und die vielen Zuhörer aus dem Dorf Hanklich,
Striezel und ein Gläschen Wein. Danach wurde im Hause mit den geladenen Gästen gefeiert.
Die Verlobungsfeier begann mit der Ansprache des Wortmanns des Bräutigams auf die dann
der Wortmann der Braut antwortete. In dieser Ansprache wurde nochmals um die Hand der
Braut angehalten, die der Bräutigam dann durch das Jawort des Wortmanns der Braut erhielt.
  Nun setzten sich alle Gäste an die festlich gedeckten Tische, vorne das Brautpaar mit den
Wortmännern. Aufgetragen wurde ein Festessen mit anschließendem Gebäck und Wein,
in letzter Zeit auch Bier.Nach Mitternacht ging man dann auseinander. Natürlich nahmen
die Eltern den Bräutigam mit.

  An den darauffolgenden Sonntagen ging die Braut mit dem Myrtenkränzchen am Borten und der
Bräutigam mit dem Sträußchen am Hut zur Kirche. Nach der Predigt wurde das Brautpaar
"ausgerufen" (die Verlobung bekanntgegeben). Der Brautstand dauerte etwa 4-6 Wochen.
Eine Woche vor der Hochzeit lud das Brautpaar zu seiner Hochzeitsfeier ein. Dazu mußte es
jeden Gast persönlich aufsuchen und ihn einladen, was leicht einen ganzen Sonntagnachmittag
dauern konnte.
Auch diese Einladung geschah in überlieferten Worten: „Wie ihr sicherlich wißt, haben wir
beschlossen, in den heiligen Stand der Ehe zu treten. Als unsere Verwandten (Freunde) laden wir
euch herzlich zu unserer Hochzeit ein, die in einer Woche stattfindet."

Die Eingeladenen dankten mit folgenden Worten: „Wir danken für die Ehre. Wenn Gott der Herr
uns gesund erhält, wollen wir gerne mithalten."

  Bis zum l. Weltkrieg (1914) fand die Trauung und damit die Hochzeit immer am Mittwoch statt,
später dann am Wochenende (Sonntag). Im Laufe der Zeit haben sich, bedingt durch verschiedene
Veränderungen im Dorf, die Hochzeitsbräuche etwas abgewandelt, wobei die Grundzüge aber doch
erhalten blieben.
Die Woche vor der Hochzeit war die Zeit atemloser Vorbereitung. Es wurde Brot gebacken,
dann Hanklich und Striezel und anderes Gebäck. Es wurde geschlachtet und alles für den großen
Tag vorbereitet. Dabei half die ganze Verwandtschaft mit. Jeder der Zeit und Lust hatte, zu den
Vorbereitungen beizutragen, war gerne gesehen, gab es doch wahrlich viel zu tun, um den großen
Tag gebührend vorzubereiten. Auch eine Köchin mußte gedungen werden. Dies war gewöhnlich
eine erfahrene Frau, die aufgrund ihrer Erfahrung in der Lage war, den Bedarf an Nahrungsmitteln
für die diversen Gänge des Hochzeitsessens abzuschätzen und von der man wußte, daß sie auch
bei anderen Gelegenheiten zur Zufriedenheit aller agiert hatte.
  Donnerstag abend trug man „auf die Hochzeit". Jeder der geladenen Gäste, aber auch andere
Dorfbewohner wollten zum Ausrichten der Hochzeit beitragen. Dieses beruhte auf Gegenseitigkeit,
so konnte man sicher sein, auch unterstützt zu werden wenn man mal auch eine Hochzeit auszurichten
hatte. In einem großen Korb wurden Eier, Rahm, Butter, Fett, Mehl, Zucker und Milch ins Hochzeits-
haus getragen, auch ein Huhn war dabei. Die Spender wurden an den Tisch gebeten und mit Gebäck
und Wein bewirtet. Beim Eintreten ins Haus sagten sie: „Mer wänschen Gläck zem Viurnien"
(wir wünschen Glück zum Vorhaben). Als Antwort erhielten sie: „Mer sohn ich Dunk" (Wir sagen
euch Dank)
.
  Am Sonnabendnachmittag waren die Burschen damit beschäftigt, Tische und Bänke von den Nachbar-
schaften mit Pferdewagen aufs Hochzeitshaus oder in den Gemeindesaal zu fahren und Tannenzweige
herbeizubringen. Damit wurden Girlanden gebunden und zusammen mit Hühnerköpfen, Hühnerfüßen
und an Schnüren aufgereihten Eierschalen an die Tore der Brauteltern genagelt. Außerdem fuhren die
Burschen in den Wald und holten ein „Reis" (eine etwa 15 m hohe Buche).
Dieses wurde vor dem Hochzeitshaus aufgestellt, nachdem man die Krone mit farbigen Bändern
geschmückt hatte. Dieses „Reis" erblickte man von weitem, da es hoch über die Dächer der Häuser
hinausragte. Dieser in der größeren Umgebung einmalige Brauch mußte 1959 leider aufgegeben
werden, weil die Drähte der Stromleitungen das Aufstellen nicht mehr zuließen.

Während der Backtage ging es sehr lustig zu. Alle waren guter Laune, es wurde gescherzt und
gelacht und immer wieder wurde vom „Hochzeitswein" gekostet. Junge Mädchen aus der
Helferschar trugen Samstag zu allen Familien welche Lebensmittel für das Hochzeitsmahl
beigesteuert hatte, eine Rahmhanklich die direkt aus dem Backofen kam. Warm schmeckt dieses
Gebäck nämlich am besten. Beim Betreten des Hauses sagten sie: „De Hochzetsmotter wänscht
ich en hoischen Doch end schäckt ich des Hunklich
" (die Hochzeitsmutter wünscht einen
schönen Tag und schickt euch diese Hanklich).
  Nachdem die Helfer, und das war die ganze Verwandtschaft und die ganze Jugend, mit ihrer
Arbeit so weit fertig waren, gab es für diese mit den Innereien der vielen geschlachteten Hühner
eine „Leiwertokana" (Lebergulasch).
  Nachmittags gingen nochmals zwei „Bidderkneicht" (Bittknechte) mit einer vorgebundenen
weißen Brustschürze, auf der „Grüß Gott" stand, und einem um den Hals gelegten bestickten

Handtuch zu jedem Hochzeitsgast. Mit einem mit Maschen
verzierten Stock in den Händen gingen sie reihum im Dorf
und luden nochmals zur Hochzeit ein, indem sie auch die
Stunde des Erscheinens bekanntgaben. Wehe wenn dieser
Zeitpunkt nicht eingehalten wurde. Für jede verspätete
Minute mußte man einen Stamperl Schnaps trinken und je
einen Schlag mit einem eingedrehten Handtuch auf einen
empfindlichen Körperteil empfangen. Damit man es auch
richtig spürte, mußte man sichauf eine Bank legen.
Es soll auch schon vorgekommen sein, daß sogar der
Bräutigam dieser Strafe nur mit Not entgehen konnte.
Er hatte nämlich vergessen einen Hochzeitsgast von den
Bidderknechten einladen zu lassen. Dieser kam daraufhin
schuldlos zu spät zur Hochzeit.

Die Bittknechte
Die “Bidderkneicht”

  Am Sonntagmorgen schaute deshalb jeder geladene Gast zu, daß er rechtzeitig auf dem Hochzeitshaus
oder nach 1963 im Gemeindesaal erschien, um der oben angeführten Strafe zu entgehen. In der Regel
begann die Hochzeit um 9Uhr morgens. Im Gemeindesaal standen vier Tischreihen. Vorne vor der
Bühne war der Platz des Brautpaares und seiner nächsten Verwandten an einem Quertisch. Auf der
Bühne saßen die Musikanten und dahinter die Jugendlichen. Die Almer trachteten meist danach, einen
Platz an den Wänden zu besetzen, um alles gut im Blickfeld zu haben. In einem Nebenraum war das
Reich des Kellermeisters, der die Weinfässer verwaltete und auf vier bis sechs junge Männer aus der
engeren Verwandtschaft des jungen Paares bauen konnte, die dafür zu sorgen hatten, daß die geleerten
Weinflaschen auf den Tischen durch volle ausgetauscht wurden.

  In der Küche herrschte die Köchin , der 15-20 Frauen aus der Verwandtschaft als Bedienung zur
Seite standen. Zum Abwaschen wurden meist zwei Rumäninnen oder Zigeunerinnen gedungen.
Auf den Tischen standen am Sonntagmorgen schon die Flaschen mit vielerlei Sorten Schnaps und die
Teller mit Hanklich und Striezel. Nachdem der Großteil der Hochzeitsgäste sich im Saal eingefunden
hatten, traf kurz darauf auch das Brautpaar ein. Die Braut kam meistens in der blauen Tracht, auch
wenn sie später zur Trauung im weißen Brautkleid zur Kirche ging. Die Wortmänner hielten eine kurze
Ansprache, danach wurde der Schweinegulasch aufgetragen.
Es war gar nicht so leicht, in der Verwandtschaft zwei Männer für die Rolle der Wortmänner zu finden.
Unsere Almer Bauern waren zwar wackere Landwirte, aber die Gabe des Redens in der Öffentlichkeit
war halt nicht allen gegeben.

  Nach dem Essen gingen alle nach Hause, um sich für die Kirche anzuziehen. In unserem Jahrhundert
versammelte sich die Verwandtschaft der Braut und des Bräutigams vor dem Kirchgang in dem
Hochzeitshaus, welches in der Regel das der Braut war, zur „Aufnahme". Nach einer Ansprache des
Wortmannes des Bräutigams, der von der Bedeutung des Tages sprach, bat er nun beide Verwandt-
schaften aufeinander zu zugehen und sich in die Freundschaft aufzunehmen. Den Beginn machte die
Braut beim Bräutigam, anschließend bei den zukünftigen Schwiegereltern usw. Dasselbe tat auch der
Bräutigamb bei der Verwandtschaft der Braut. Anschließend traten die Eltern und die übrigen
Verwandten zueinander und baten um Aufnahme in die jeweils neue Verwandtschaft. Zum Schluß
sagte der Wortmann:

„Nun wollen wir gemeinsam das Braut-
paar zur Heiligen Kirche begleiten, wo sie
sich vor Gott das Jawort geben werden”.                                         Hochzeitszug 1976

Dann nahm der Hochzeitszug im Hof
Aufstellung, vorne die zwei Wortmänner
mit dem Bräutigam in der Mitte, nach
ihnen die Braut mit zwei gebockelten
Frauen, gefolgt von den Eltern, der
Jugend und den übrigen Hochzeitsgästen.
In den letzten Jahren folgten dem Braut-
paar vier bis sechs junge Paare (Kränzel),
während die Braut von zwei jungen
Mädchen begleitet wurde. Den Abschluß
des Zuges bildete die Kapelle, die fröhliche
Weisen spielte. Zahlreiche Schaulustige
säumten die Dorfstraße, auf welcher sich
der Hochzeitszug zur Kirche bewegte.
Auch auf dem “Kircherech” hatten sich
zahlreiche Dorfbewohner eingefunden,
die während der Trauung mit Hanklich,
Striezel und Wein bewirtet wurden.
Das Paar wurde früher im Rahmen eines
zusätzlichen Gottesdienstes getraut. Dazu
wurde nach dem Ende des normalen Sonn-
taggottesdienstes mit der großen Glocke
geläutet. Unter keinen Umständen durfte
vergessen werden, dem Burghüter die ihm
zustehende Rahmhanklich und den halben
Striezel rechtzeitig zukommen zu lassen.
Es soll schon vorgekommen sein, daß die
Hochzeitsgesellschaft vor der verschlosse-
nen Kirchentür gestanden ist.

Nachdem der Hochzeitszug das Gotteshaus betreten hatte, nahmen das Brautpaar, die Wortmänner
und die gebockelten Frauen, sowie die Mädchen und Burschen im Chor Platz.Zur Einstimmung wurde
das Lied „Jesu geh voran, auf der Lebensbahn...“ gesungen. Danach trat der Pfarrer vor den Altar,
der Bräutigam stand auf, ging zur Braut, verneigte sich und führte die Braut zu den Stufen desselben,
wobei die Braut zu seiner linken Hand stand. Nachdem der Trauungsakt mit Ansprache, Gelöbnis und
Ringwechsel - wobei das Brautpaar niederkniete - vom Pfarrer vollzogen war, ging das getraute Paar
um den Altar und nahm dann im Chor Aufstellung.
Von der Empore sang der Chor das Lied:

„So nimm denn meine Hände und führe mich..."

So nimm denn meine Hände und führe mich,
Bis an mein selig Ende und ewiglich.
Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt,
Wo du wirst geh'n und stehen, da nimm mich mit.

In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz,
Und mach es gänzlich stille, in Freud' und Schmerz.
Laß ruh'n zu deinen Füßen, dein armes Kind,
Es will die Augen schließen und glauben blind.

Wenn ich auch gar nichts fühle, von deiner Macht,
Du bringst mich doch zum Ziele, auch durch die Nacht.
So nimm denn meine Hände und führe mich,
Bis an mein selig Ende und ewiglich.

Darauf verließ der Hochzeitszug unter den Klängen der Orgel das Gotteshaus. Vor der Burg wartete
die Kapelle mit einem Marsch auf den Zug. Diesen führte das jung getraute Paar an, gefolgt von den
Wortmännern, den Eltern, der Jugend und den übrigen Gästen.


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